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Coppi Arbeitsgruppe für angewandte Technologie in der 3. Welt e.V.
Radio Nueva Guinea

Nicaragua

Red Star

INFORMATION IST EINE WAFFE

Für einen Radiosender in Nueva Guinea, Zelaja Central, Nicaragua

Die Region Nueva Guinea, die im südlichen Zentrum Nicaraguas liegt, hatte vor einigen Monaten traurige Berühmtheit auf internationaler Ebene erlangt, als 8 bundesdeutsche Brigadisten bei einem Angriff d er Contrabanden auf das Dorf Jacinto Baca entführt wurden, wo seit Januar 1986 Aufbaubrigaden aus der BRD Häuser für die dort ansässige Kooperative bauten. Durch die Ermordung von sieben engagierten Kooperativen Mitgliedern am 26. Dezember 1985 war die Kooperative gezwungen neue Familien zu integrieren, die ihrerseits ein Dach über dem Kopf benötigten, weshalb der Bau von Häusern vorangetrieben werden mußte. Die Kakaokooperative, die seit ihrem Bestehen immer Angriffsziel der konterrevolutionären Banden gewesen ist und die sich durch den Verlust zahlreicher Mitglieder, die Opfer feiger Anschläge geworden waren, bis heute nicht hat in die Knie zwingen lassen, ist nur ein Beispiel für den Terror, den die Bevölkerung dieser Region tagtäglich erleidete. Map Seit 4 Jahren erlebt man hier einen erbitterten Krieg, der entsprechend der nordamerikanischen Kriegspolitik dieses Gebiet im südlichen Teil Nicaraguas in einen weiteren Schauplatz groß angelegter militärischer Operationen verwandeln soll, um den Sturz der Sandinistischen Regierung zu erzwingen. Das anhaltende Scheitern dieser Pläne und zahlreiche militärische Niederlagen haben die Söldner der Reagan- Administration zur "Offensive" gegen die Zivilbevölkerung geführt.

Der gezielte Angriff auf Personen und Projekte die die Revolution aktiv vorantreiben und unterstützen, wird u.a. dadurch begünstigt, daß Teile der Bevölkerung mit der Konterrevolution kollaborieren oder Teil von ihr sind, was sich aus der Geschichte der Region erklären läßt, die hier nur kurz erläutert werden soll.

Das Gebiet, das heute aus dem Dorf Nueva Guinea besteht und den es umgebenden 27 Colonias (kleine Dörfer) und 107 Comarcas (auseinandergezogene Ansiedlungen) auf einer Fläche von 6.000 Quadratkilometern, war zu Beginn der 60er Jahre noch weitgehend dichter, unberührter Urwald und hat Somoza dazu angeregt, hier ein "Agrarreform Programm" zu realisieren. Dies vor allem in der Absicht, den sich im Norden Nicaraguas (Leon, Chinandega, Matagalpa, Jinotega) bildenden Unruheherd vom Halse zu schaffen, ausgelöst von landlosen Bauern, die zugunsten der sich ausweitenden Baumwoll- und später Kaffeeproduktion von den Großgrundbesitzern rücksichtslos von ihren Parzellen vertrieben wurden und die begannen zu einem Widerstandspotential zu werden. Erste Landbesetzungen hatten stattgefunden, die brutal niedergeschlagen wurden. Mit dem Versprechen auf Land und Kredite, unterstützt von religiösen Führern evangelischer Sekten, wurde diese Bevölkerung in dieses unwegsame Gebiet gelockt und ideologisch zur Loyalität mit dem Somoza- Regime beeinflußt. Später gab es noch einmal zwei starke Besiedlungswellen aufgrund des Vulkanausbruchs "Gerro Negro" 1970 und des Erdbebens in Managua 1972, wonach mehr als 250.000 Menschen obdachlos blieben. Gleichzeitig mit der Besiedlung des Gebietes wurde auch Angehörigen der somozistischen Guardia und des Sicherheitsdienstes EEBI zur Belohnung Land geschenkt, die die Kontrolle über die Bevölkerung ausübten. Mit Geldern der Internationalen Entwicklungsbank im Rahmen des US-amerikanischen Entwicklungshilfeprogramms "Allianz für den Fortschritt" wurden von Somoza in den Colonias Schulen gebaut, ein Krankenhaus und ein Sägewerk in Nueva Guinea selbst, bevor der Rest in seine eigene Tasche floß. Später wurde die Holzausbeutung durch US- amerikanische und Somoza- eigene Firmen vorgenommen, die entsprechende Infrastrukturmaßnahmen, wie Straßenbau, schon deshalb zwingend notwendig machte. Im Vergleich zur Situation im restlichen Nicaragua war die ländliche Bevölkerung dieses Gebietes also in jener Zeit deutlich privilegiert. Das Somoza- Regime kam aber auch hier in der Folgezeit nicht umhin diese Loyalität mit Gewalt zu erzwingen, hatten sich doch viele der gemachten Versprechen als Lügen erwiesen. Aus der Gemeinschaft der Siedler rekrutierte sich teilweise die somozistische Guardia, die nach dem Sieg der FSLN vor allem nach Costa Rica geflohen war und heute in diesem Gebiet operierenden Contraverbänden angehört.

Bis zu ihrem Sieg über Somoza hatte die FSLN in diesem Gebiet praktisch keine Bedeutung, abgesehen vom nördlichen Teil der Region, wo Pablo Artiaga und Jacinto Baca die Organisierung der Bauern Ende der 60er Jahre begannen. Allgemein war die Bereitschaft der Bevölkerung zur Unterstützung der Frente während des Befreiungskrieges gering und noch im Frühjahr 1979 wurde die Columna "Jacinto Hernandez" von der Guardia vollständig aufgerieben, die versprengten Guerilleros der FSLN von den Bauern im Süden umgebracht.

Children Erst gegen 1981 begann die FSLN in der Region Strukturen zu schaffen und eine systematische politische Arbeit zu initiieren. In Erfüllung dieser schwierigen Aufgabe wurden viele Militante der FSLN von der Contra ermordet. In dem bis dahin vergessenen Gebiet wurde die Verbesserung. der Infrastruktur in Angriff genommen, wie z.B. die Nationalisierung des Sägewerkes, Ausbau des Krankenhauses, Bau eines neuen Marktes, die Elektrifizierung Nueva Guineas und verschiedener Dörfer, Straßenbau, der Bau von Gesundheitsposten, eines Gymnasiums und 24 Primarschulen. Die Agrarreform wurde durchgeführt, 3.598 Landtitel an Bauern vergeben, 10.000 Bauern von ihren Schulden befreit. In der Folgezeit sind revolutionäre Organisationsformen entstanden wie die Dorfkomitees und die Komitees in den Comarcas, deren 200 gewählte Repräsentanten die Interessen der Dorfbevölkerung gegenüber der Regierung vertreten. Bleibt hervorzuheben, daß die FSLN im Vergleich zu der Situation, die sie vorgefunden hat, enorme Fortschritte erzielt hat und es geschafft, große Teile der Bevölkerung in das Revolutionsprojekt zu integrieren, wovon die Organisierung landloser Bauern in Kooperativen, die Integration der Bevölkerung in die Verteidigungsstruktu ren oder die Bildung von Dorfkomitees ein Ausdruck sind. 80.000 Bauern sind heute in der Nationalen Vereinigung der Bauern- und Viehzüchter (UNAG) organisiert.

Der Terror der Contra sowie die Intensivierung des Krieges seit 1983 haben zur Öffnung der Bevölkerung gegenüber dem Revolutionsprojekt mit beigetragen und mehr als 200 Bauern haben sich nach Verkündung des Amnestiegesetzes aus den Reihen der Contra gelöst. Andererseits konnte bislang nicht verhindert werden, daß Teile der Bevölkerung mit den Mörderbanden kollaborieren, mit denen sie oft durch familiäre Beziehungen verbunden oder besonders in den abgelegenen Gebieten ihrer Gewalt ausgesetzt ist, wo die Angst zum Motiv ihrer Handlungen wird. So verfügt die Contra über eine soziale Basis, die sie mit Informationen versorgt, ihnen zu essen gibt oder auch Waffen versteckt. Neben den familiären Bindungen und der Anwendung roher Gewalt kommt der Contra die Uninformiertheit desjenigen Teils der Bevölkerung zugute, der - in der Mehrheit bettelarm - weit abgelegen auf einer kleinen Parzelle im Urwald lebt, niemals eine Schule besucht hat, oder gar mit der Revolution in Berührung gekommen wäre. Das Weltbild dieser Menschen setzt sich aus der Propaganda zusammen, das die in der Wildnis umherziehenden Contragruppen ihnen vermitteln, die auf ihre Unterstützung angewiesen sind. Sie erfahren nichts von den Alternativen ihre Situation zu verbessern, nichts von einem Amnestiegesetz, das ihnen Straffreiheit garantiert, wenn sie die Contra verlassen, sondern sie sehen in den Sandinisten in Managua kommunistische Kindermörder, die danach streben ihnen ihr Eigentum wegzunehmen, welches sie sowieso nicht haben. Denjenigen, die ein Radio besitzen, wird das Gehirn gewaschen mit der Propaganda, die die Contrasender "15 de Septiembre" und "Radio Impacto"(In Costa Rica) ausstrahlen oder empfangen aus Radio Costa Rica, San José, die unermüdliche Berieselung eines Schlaraffenlandes, in dem es keine Armen und keine sozialen Konflikte gibt.

Dieses Problem ist kennzeichnend für die ganze Region, denn nur in wegsame Gebiete können Zeitungen gelangen und nur dort, wo es möglich ist Schulen zu unterhalten, kann sich ein anderes Bewußtsein durchsetzen.

Der Krieg wird nicht nur militärisch gewonnen

Tower Die nächste Radiostation befindet sich in Juigalpa, etwa 120 km von Nueva Guinea entfernt, das bis vor kurzem durch entsprechende Verstärkung wenigstens noch Nueva Guinea selbst erreichte. Mit dem Zusammenbruch dieser veralteten Verstärkereinri chtung ist diese Informationsquelle versiegt und nur ganz Interessierte sind bereit sich unter dem Rauschen, mit dem "Voz de Nicaragua" aus Managua ankommt, die entsprechenden Informationen herauszufiltern.

Die Contra weiß dieses Vakuum zu nutzen, verfügt über die entsprechenden Mittel, gezielte Desinformation zu betreiben, um die notwendige Unterstützung zu erhalten und auch auf der ideologischen Ebene im Kampf um den Sturz der Sandinistischen Regierung voranzukommen. Wir wollen mit der Errichtung eines Radiosenders in Nueva Guinea einen Keil in dieses Vorhaben treiben und auch dazu beitragen, daß die Bevölkerung dieser Region sich nicht nur über alle wichtigen politischen Tagesereignisse informieren kann, sondern auch über ihre eigenen Prozesse und Projekte informiert, sich aktiv am Radio beteiligt. Axel Dazu ist nicht nur notwendig den Empfang von "Radio Revolución" wiederherzuste llen, sondern in Nueva Guinea ein kleines Studio einzurichten, dessen Redaktion die inhaltliche Arbeit an der spezifischen Problematik der Gegend orientiert, die Bedürfnisse der ländlichen Bevölkerung berücksichtigt und die Bevölkerung selbst das Radio zu ihrem Medium macht. Es soll vor allem auch die Teile der Bevölkerung erreichen, die über keine andere Informationsquelle verfügen, wohl aber über ein Radio.

¡No pasaran!


http://www.basisradio.org/coppi/all_lan/rng00001.htm